Kai hat bei der Freiheitsmaschine einen Leserbrief geschrieben, wo er um Ratschläge und Meinungen von anderen Menschen zu seiner Situation gefragt hat. Als ich angefangen habe meinen Kommentar zu schreiben, ist es immer länger geworden und deswegen verfasse ich hier einen eigenen Blogbeitrag als Antwort.
Hier findest Du den ganzen Leserbrief bei der Freiheitsmaschine.
Die wichtigsten Details im Überblick:
Kai (45) und seine Frau haben zwei Kinder.
Sie leben in einem eigenen Haus, besitzen zwei vermietete Wohnungen, ein ETF/Aktien-Depot und einen großen Bargeldbestand. Beide sind berufstätig.
Kai schreibt zu seinem Job als Briefträger:
„Ich will da raus, sonst geh ich kaputt. Ich weiß aber nicht wie ich es angehen soll.“
Kai
Er fragt sich dazu:
- Wo fange ich an?
- Wie finde ich das passende für mich?
- Wie findet man mit 45 Jahren nochmals einen Neuanfang?
Sein Ziel:
„Wenn ich noch ein Ziel im Leben habe, so ist mein größter Wunsch eine Arbeit, die mich erfüllt!“
Kai
Vermögen:
- Abbezahltes selbstbewohntes Haus: unbekannt, konservativ mind. 100.000 €
- Zwei vermietete (abbezahlte) Wohnungen: unbekannt, konservativ mind. 100.000 €
- Depot: 250.000 €
- Tagesgeld: 250.000 €
- Gesamtvermögen: 700.000 €
Einkommen:
- Einkommen als Briefträger (Kai): ca. 1.800 € Netto (geschätzt, da nur Bruttoeinkommen angegeben)
- Einkommen als Hausmeister (Kai): unbekannt
- Einkommen als Verkäuferin (Frau): 1.150 € Netto
- Kindergeld: 408 € Netto
- Mieteinnahmen: unbekannt, konservativ nach Abzug von Rücklagen und Steuern vielleicht 400 € pro Monat
- Dividenden: 400 € pro Monat (nach Steuern, 2,5 % Dividendenrendite unterstellt)
- Gesamteinkommen: ca. 4.200 €
Ausgaben:
Im Leserbrief sagt Kai, dass ihre Sparquote vermutlich weit über 50 % liegt. Er würde es allerdings nicht genau wissen. Für meinen Beitrag gehe ich einfach mal davon aus, dass die Familie insgesamt Ausgaben von 2.000 € im Monat hat.
Für eine sparsame Familie mit zwei Kindern und eigenem Haus ist das vermutlich realistisch. Zudem sind das etwa 50 % der Familieneinnahmen.
Falls die Ausgaben noch niedriger sind, ist es sogar noch besser.
WOW – Mein Respekt
Bevor ich mehr auf die Situation der Familie eingehe und meine Meinung teile, möchte ich erstmal meine große Bewunderung ausdrücken. Viele Menschen stehen in Deutschland selbst nach 40 Jahren Berufsleben finanziell nicht annähernd so gut da.
Besonders beeindruckend finde ich, dass Kai mit seiner Frau zusammen die letzten Jahre so viel gestemmt hat. Neben zwei wirklich anstrengenden Jobs haben sie noch eine Familie gegründet, kümmern sich um ihre eigenen Kinder, haben Wohnungen gekauft und selbst saniert und Kai hat sogar noch eine Nebentätigkeit.
Den meisten Menschen würden ein Vollzeitjob und eine Familie schon mehr als ausreichen.
Vor allem zeigt aus meiner Sicht die Geschichte von Kai und seiner Familie, dass es keine Ausreden gibt und auch ohne Studium die Finanzielle Freiheit erreicht werden kann. Zumindest, wenn Du es wirklich willst.
Was würde ich (zuerst) machen?
Mir ist zuallererst aufgefallen, dass der Tagesgeldanteil wirklich sehr hoch ist. Natürlich brauchst Du bei drei Immobilien Rücklagen, falls nochmal etwas kaputt geht. Zudem brauchst Du auch noch Rücklagen für andere Notfälle. Aus meiner Sicht würde dafür allerdings auch locker 100.000 € auf dem Tagesgeldkonto reichen.
Die anderen 150.000 € würde ich sofort investieren. Auf dem Konto ist das Geld der Inflation ausgesetzt und verliert immer mehr an Wert.
Eure Dividendeneinnahmen würden sich dadurch (selbst konservativ gerechnet) auf insgesamt 650 € Netto pro Monat erhöhen.
Falls Du glaubst, dass es in den nächsten 1-2 Jahren eventuell eine größere Krise geben wird, dann würde ich zumindest einen Teil des Geldes in Sachwerte wie Edelmetalle investieren.
Seid ihr schon finanziell frei und merkt es nicht?
Du hattest im Leserbrief geschrieben:
„Ich will da raus, sonst geh ich kaputt. Ich weiß aber nicht wie ich es angehen soll.“
Kai
Nach der Investition des Geldes vom Tagesgeldkonto hättet ihr sehr konservativ gerechnet ein passives monatliches Nettoeinkommen von rund 1.450 € (650 € Dividenden, 400 € Mieteinnahmen, 400 € Kindergeld). Ich weiß natürlich, dass das Kindergeld irgendwann wegfallen wird. Spätestens, wenn die Kinder ihre Ausbildung/ihr erstes Studium abgeschlossen haben.
Mit einem Depot über 400.000 € und zwei abgezahlten Wohnungen mit Mieteinnahmen sind allerdings 1.500 € an monatlichen Einnahmen durchaus realistisch.
Ohne jetzt die kleinsten Details Eurer finanziellen Situation zu kennen, würde ich sagen, dass ihr (mindestens größtenteils) finanziell frei seid.
Ihr seid in einer sehr komfortablen und guten finanziellen Situation.
Ohne irgendetwas im eigenen Leben ändern zu müssen, könntet ihr jetzt bereits mindestens einen der beiden Jobs kündigen. Je nachdem, wie hoch die Einnahmen aus der Tätigkeit als Hausmeister und Eure Ausgaben sind, könnten eventuell sogar beide Jobs gekündigt werden.
Das bedeutet natürlich nicht, dass ihr das machen müsst!
Ich möchte nur das Bewusstsein für die Möglichkeiten wecken. Für mich hat sich das in dem Brief so angehört, als glaubte Kai von dem Einkommen als Briefträger noch abhängig zu sein.
Dabei ist es mittlerweile optional geworden und er kann sich frei entscheiden, ob er den Job noch weiter machen möchte.
Ich würde kündigen…
Aus dem Brief habe ich viel Frust und Verzweiflung herausgelesen. Es hört sich wirklich so an, als würde Kai sich mit der vielen Arbeit die eigene Gesundheit kaputtmachen und zusätzlich keine Lust mehr darauf haben.
Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich den Job SOFORT kündigen, MINDESTENS auf halbtags wechseln oder versuchen mir ein Jahr Auszeit zu nehmen.
Kai hatte bereits einen Hörsturz. In den letzten Jahren hat er unglaublich viel geleistet und ein großes Vermögen aufgebaut. Das ist wirklich ungewöhnlich anstrengend und hat auch an der Gesundheit gezerrt. An seiner Stelle würde ich jetzt auch darauf aufbauen und mehr auf das eigene Herz und den Körper hören.
Meine Überzeugung ist, dass er einen erfüllenden Job nur finden kann, wenn er den alten Job zurückschraubt und mehr Zeit hat sich selbst auszuprobieren.
Zu testen, ob die Hausmeistertätigkeit mehr ausgebaut werden soll.
Oder zu testen, ob es etwas ganz anderes ist, was ihn reizt.
Worst-Case-Szenario
In den letzten Jahren habe ich immer wieder gesehen, dass wir Deutschen uns viel zu viele Sorgen machen und ein sehr großes Sicherheitsbedürfnis haben. Die meisten Deutschen wollen keine wirklichen Risiken eingehen und sind nicht bereit einen unglücklichen Job zu verlassen. Die meisten können es sich finanziell allerdings auch nicht leisten.
Ich könnte mir daher sehr gut vorstellen, dass es bei Kai ähnlich ist. Er fragt sich, was er als nächstes machen soll und was die nächsten Schritte sein könnten. Ihm ist bereits bewusst, dass ihn sein Job nicht erfüllt und zudem die eigene Gesundheit ruiniert.
Angenommen er würde jetzt seinen Job kündigen, ohne eine neue Stelle zu haben.
Was könnte im schlimmsten Fall passieren?
Im schlimmsten Fall würde seine Frau auch noch den Job verlieren und sie müssten es schaffen zusammen 500 € im Monat dazuzuverdienen. Unter der Annahme, dass die Ausgaben 2.000 € betragen und sie „nur“ 1.500 € passiv verdienen.
Und selbst wenn sie das nicht schaffen würden, könnten sie über mehr als 10 Jahre jeden Monat 500 € von ihrem Tagesgeldkonto nehmen und hätten immer noch Geld übrig.
Und selbst wenn das auch nicht geht, müsste einer der beiden wieder Teilzeit arbeiten gehen.
Das Worst-Case-Szenario bei einer Kündigung von Kais Job wäre also BESSER als die aktuelle Situation.
Es kann also absolut gar nichts passieren!
Und wenn das Worst-Case-Szenario bereits besser als die aktuelle Situation ist, dann wird das eigene Leben wahrscheinlich durch die Kündigung oder Reduktion der Arbeit sogar noch viel besser als erwartet!
Kai ist ambitioniert
Ich bin mir zu 100 % sicher, dass Kai (sofern er es will) nach einer Kündigung innerhalb von wenigen Jahren ein Einkommen aufbauen kann, das sein altes Einkommen vollständig ersetzt oder sogar übersteigt. Er ist ambitioniert. Ansonsten würde er es nicht schaffen neben dem Job noch Immobilienprojekte zu verwalten, einer Nebentätigkeit nachzugehen und sich um die Familie zu kümmern.
Es wird daher alles viel besser funktionieren, als vorher erwartet.
Und selbst, wenn nichts klappen sollte, bin ich mir zu 100 % sicher, dass er wieder einen Job finden würde, wo er gleich viel wie vorher verdient.
Zusammenfassung
Hier nochmal mein Rat in Kürze:
- Geht nochmal meine Berechnungen von oben mit den richtigen Zahlen durch.
- Investiert einen Großteil des Geldes auf dem Tagesgeldkonto
- An Kai: Reduziere den anstrengenden Job als Briefträger mindestens, mach eine längere Auszeit oder kündige diesen komplett.
- Gönn Dir eine längere Auszeit und probiere für Dich aus, was Du beruflich machen willst.
Ich weiß, dass es von außen betrachtet immer leicht ist solche Ratschläge zu geben, wenn Du selbst nicht in der Situation steckst. Trotzdem hoffe ich, dass ich eine neue Perspektive geben konnte und Du über meine Ratschläge mal nachdenkst und eine Entscheidung triffst.
Ich biete Dir auch gerne an, dass wir persönlich darüber mal reden. Natürlich nur, wenn Du Lust hast. 😉
Haben meine Leser noch einen Ratschlag oder Tipp für Kai? Was würdet ihr in seiner Situation machen?
Das ist nicht realistisch. Und vor allen ist es nicht möglich. Alles nicht.
Das ist einfach Hohn. Sie können sich das nicht erarbeitet haben.
Hallo Mister Ich,
ich glaube, dass Kai auch noch etwas von der Familie geerbt hat. Der Großteil des Vermögens ist allerdings selbstständig aufgebaut worden.
Solche Geschichten nehme ich einfach als Antrieb und lasse mich inspirieren. Das hilft mir eher meine eigenen Ziele zu erreichen, anstatt meine Energie darauf zu richten, wo der Fehler sein könnte.
Schöne Grüße
Dominik
Neid stinkt. Gönn es doch dem Herrn Kai. Ich wünsche ihm Alles Gute!
Schöner Beitrag und ich teile deine Gedanken.
Ich finde, dass mindestens eine Reduzierung der Arbeitszeit drinne ist, problemlos.
Was die Familie sich aufgebaut hat ist erstaunlich, gerade im Vergleich zu dem herkömmlichen Sparverhalten der Deutschen.
Der spart nämlich montalich nur 116 Euro im Durchschnitt, hierzu habe ich einen Beitrag auf meiner Blog geschrieben.
Viele Grüße
Steffen von Finanz-Durchblick
Hallo Steffen,
ich vergesse immer wieder wie ungewöhnlich es ist Geld zu sparen.
116 € pro Monat ist wirklich nicht viel.
Grüße
Dominik
Gutes Ergebnis am Ende. Wenn er die Immobilien zur richtigen Zeit gekauft hat und immer schön gespart, machbar, vorallem in Ostdeutschland.
Sehe ich auch so. Danke für den Kommentar.
Schöne Grüße
Dominik
Motiviert mich leider nicht. Bei mir steht kein 6-stelliges Erbe an…
Selbst wenn Kai und seine Frau immer zu diesen Konditionen gearbeitet haben und das seit 25 Jahren, dann haben sie in ihrem Leben zusammen 900.000 Euro verdient.
Hallo Rudi,
dann denk Dir doch das Erbe weg.
Auch ohne Erbe ist das aus meiner Sicht eine große Leistung.
„Selbst wenn Kai und seine Frau immer zu diesen Konditionen gearbeitet haben und das seit 25 Jahren, dann haben sie in ihrem Leben zusammen 900.000 Euro verdient.“
Ich gehe auch mal davon aus, dass die Immobilien und das Aktienportfolio erheblich im Wert gestiegen sind.
Schöne Grüße
Dominik
Hallo lieber Dominik,
ich bewerte deine Kommentare zu dem Leserbrief von Kai aus Sicht eines Teils meiner Profession, eines wertschätzenden Coaches:
Ich finde es ganz wunderbar, wie aufbauend und positiv du dein Feedback formuliert hast und wieviele Alternativen und mögliche Lösungen du Kai anbietest. Was er davon annimmt, ist natürlich seine eigene freie Entscheidung.
Du hast auf alle Fälle einen sehr nützlichen Beitrag geleistet. Sehr gute Arbeit!
Aus Berlin, Matthias von Mitzlaff
Hallo Matthias,
danke Dir für Deinen Kommentar.
Habe mich sehr darüber gefreut, dass Dir die Art meines Artikels gut gefallen hat. Es ist auch genau meine Intention gewesen Gedankenanstöße zu geben. Entscheiden muss er dann später selbst.
Schöne Grüße
Dominik