In unserer Gesellschaft wird uns immer wieder eingebläut, dass Fehler schlecht sind und dringend zu vermeiden sind. Dadurch werden Fehler stigmatisiert und das Scheitern an sich als sehr negativ angesehen. Heute möchte ich mich mit dem Thema auseinandersetzen, warum Du ohne Fehler niemals wirklich erfolgreich sein kannst.
Bevor wir uns darüber unterhalten, warum Du Fehler nicht vermeiden solltest, müssen wir uns erstmal im Klaren sein, was wir unter diesem Begriff verstehen. Hierzu finden wir eine Definition auf Wikipedia: „Ein Fehler ist die Abweichung eines Zustands oder Vorgangs, der bezüglich der zu erfüllenden Aufgaben festgelegt ist.“
Der Schulfehler
Ich finde am Beispiel der Schule lässt sich meine These gut erläutern. Bereits als kleine Kinder werden wir darauf getrimmt keine Fehler zu machen. So ist das größte Ziel in der Schulzeit gute Noten zu erhalten, indem wir Klausuren und Tests absolvieren. Dabei sammeln wir Punkte durch richtige Lösungen und jeder Fehler wird hervorgehoben und mit Punktabzug bestraft. Das Problem an dieser Art und Weise des Lernens ist, dass es zumeist von Anfang an nur eine „richtige Lösung“ gibt und so keine kreativen Lösungen entstehen.
Die Schüler wissen ganz genau, was von ihnen in den Klausuren erwartet wird und richten sich bei der Lösung komplett nach dem ihnen vorgegebenen Weg. So habe ich es bereits erlebt, dass Mitschüler eine schlechtere Note erhalten haben, weil sie in einer Mathematikklausur eine andere (nicht im Unterricht gelehrte) ebenso richtige Lösung eines mathematischen Problems gefunden haben. Der Fokus bei den gestellten Aufgaben ist nicht, dass die Schüler sie lösen. Sie haben sich an (zum Teil eindimensionale) vorgegebene Lösungswege zu halten und dürfen davon nicht abweichen.
In anderen (nicht mathematischen) Fächern ist es noch deutlich schwieriger zu betiteln, was jetzt genau ein Fehler ist. So kann in Fächern wie Deutsch (beim kreativen Geschichtenschreiben) oder Kunst schlecht entschieden werden, welche Arbeit jetzt besser ist. Hier lassen sich nur schwer objektive Kriterien finden, woran eine gute Leistung gemessen werden kann.
So hatten wir in der 6. oder 7. Klasse in einer Deutscharbeit einmal die Aufgabe uns eine eigene Geschichte auszudenken. Es waren nur ein paar Sätze zu Beginn vorgegeben und sonst hatten wir völlige Gestaltungsfreiheit. Ich erhielt meine Arbeit zurück und darunter stand ein kurzer Text:
Der Lehrer fand meine Geschichte gut und spannend geschrieben. Ich hätte nur sehr wenige Grammatik-, Tempus- und Rechtschreibfehler in meinem Text gehabt. Er fände meine Geschichte aber ein wenig unrealistisch. Note: 4-.
Du kannst Dir vielleicht vorstellen, wie geschockt ich gewesen bin, denn sonst hatte ich in fast allen Fächern fast ausschließlich Einsen und Zweien geschrieben. Zudem konnte ich die Note einfach nicht verstehen, denn schließlich war meine Geschichte seiner Meinung nach ja auch gut.
Dies ist schon mal eins der größten Probleme in der Schule. Entweder sind die Lösungswege so eng abgesteckt, dass keine anderen Lösungen möglich sind oder es sind kaum feste Kriterien vorgegeben, sodass im Prinzip alles als falsch oder richtig bezeichnet werden kann. Dies führt dazu, dass Einheitsdenken gefördert und Kreativität bestraft wird. So liegt der Fokus hauptsächlich darauf Klausuren mit möglichst wenigen Fehlern abzuschließen und so eine gute Qualifikation für die weitere Berufslaufbahn zu erreichen.
Das Stigma des Scheiterns
So werden durch unsere Kultur und unser Schulsystem Fehler und das Scheitern ziemlich negativ bewertet. Das große Problem ist, dass ohne Scheitern großer Erfolg nicht erreicht werden kann. Nehmen wir nur das Fahrradfahren als Beispiel. Niemand lernt das Fahrradfahren, indem er es vermeidet hinzufallen. Gerade durch das Hinfallen lernen wir, wie es nicht geht und können so den Fehler korrigieren. Indem wir vermeiden Fehler zu machen und zu scheitern, verhindern wir gleichzeitig auch unsere Ziele zu erreichen.
Wenn wir zum Beispiel einen Blog starten, dann werden wir zwangsläufig Fehler machen. Der Grund ist, dass wir nicht wissen wie das genau funktioniert. Die meisten Sachen lernen wir erst dadurch, dass wir die Sachen versuchen. So habe ich lange Zeit gezögert, weil ich keine Ahnung davon hatte, wie man eine Webseite erstellt. Ich dachte, dass ich noch nicht genug wüsste und einen ganz detaillierten Plan bräuchte.
Trotzdem führt kein Weg daran vorbei einfach zu starten und sein Bestes zu geben, denn die meisten Probleme ergeben sich erst auf dem Weg. Vorher gibt es einfach Sachen, an die Du überhaupt nicht denkst, weil Du nicht weißt, dass sie wichtig sind. So bin ich mit meinem Design noch überhaupt nicht zufrieden, weil es ziemlich unprofessionell wirkt. Hätte ich das von Anfang an als Voraussetzung zum Starten angesehen, dann würde mein Blog jetzt nicht existieren. Ich habe bereits so viele Probleme in Bezug auf meinen Blog gelöst und wäre am Anfang total überfordert gewesen, wenn ich alles am Anfang bereits richtigmachen wollte.
Ich habe für mich das folgende Motto übernommen:
„Lieber unperfekt starten, als perfekt zögern.“
Es ist niemals die perfekte Startsituation gegeben. Wenn Du willst, wirst Du immer einen Grund finden nicht zu starten, weil Du irgendetwas noch nicht erfüllt hast. Die Planungsphase ist zwar gut und auch wichtig, jedoch unbedeutend, wenn das Projekt nie in die Umsetzungsphase kommt.
Daher ist meiner Meinung nach das wichtigste die eigene Angst vor Fehlern und dem Scheitern zu bekämpfen und anzufangen Sachen umzusetzen. Dazu habe ich das Zitat von Bertolt Brecht ein wenig umformuliert:
„Wenn Du handelst kannst Du scheitern, wenn Du nicht handelst bist Du bereits gescheitert.“
Fang an Sachen in Deinem Leben anzugehen. Nur wenn Du versuchst Ziele zu erreichen, dann kannst Du sie auch erreichen.
Guten Abend,
du sprichst mir aus der Seele. Die Fehlerkultur in der Schule ist (fast) überall in Deutschland eine Katastrophe. Das wurde mir besonders klar, als ich ein Jahr in den USA verbrachte und da ganz anders mit Fehlern oder falschen Antworten umgegangen wurde.
Mir wurde Zeit gegeben mich zu entwickeln und auf der anderen Seite wurde ich stark für die Dinge gelobt, die ich richtig gemacht hatte. Das führte dazu, dass meine Motivation stieg und ich meine Ängste abbaute. Ein wahnsinns Gefühl.
Jetzt mache ich die Beobachtung in der Schule, dass Kinder 48 von 51 Haken bekommen haben, dort dann aber eine 2 steht. Was machen die Kinder, sie verstecken ihre Note und alles was sie sehen sind die drei Kreuze. Wie dämlich ist das denn? In der ersten Klausur 48 Mal gelobt wurden und dann sich über drei Fehler aufregen.
Sie haben noch gar nicht gelernt, dass hier durch eine Reflektion die Riesenchance besteht in der nächsten Arbeit wesentlich besser vorbereitet zu starten.
Selbst wenn die Tests und Arbeiten sich von Prinzip her nicht ändern, durch eine andere Perspektive der Lehrperson, kann aber eine Fehlerkultur etabliert werden, in der die Kinder wachsen und ihr Potential freisetzen können.
Ein langer Weg liegt vor uns, irgendwann wird es aber so eine Umgebung geben 🙂
Beste Grüße
Mike von den Beziehungs-Investoren
Hallo Mike,
vielen dank für das Lob.
Bei mir ist die Schulzeit schließlich auch nicht so weit entfernt, sodass ich noch viel darüber weiß.
Dass die Fehlerkultur in den USA deutlich besser als hier ist habe ich auch bereits mitgekriegt.
Meiner Meinung nach ist die USA auch ein interessantes Land, welches ich auch irgendwann besuchen möchte.
Einige bei mir aus der Schule haben auch von ihrem Auslandsaufenthalt in den USA erzählt und dass dort im Gegensatz zu unserem Schulsystem alles deutlich einfacher sei.
So gehörte ein Mitschüler bei einer Klausur über Amerikanische Geschichte, die er in der ersten Woche wo er in den USA angekommen war, geschrieben hatte zu den besten, obwohl er gar keinen Unterricht dazu gehabt hatte.
Es kommt halt einfach auf den Umgang mit den Fehlern an. So wird meiner Meinung nach das Schlechte viel zu sehr bei uns betont, sodass die Leute nur danach streben keine Fehler mehr zu machen.
Ich hoffe auch, dass wir irgendwann eine solche Umgebung haben werden.
Schöne Grüße
Dominik
Mir ging es damals genauso.
Ich hatte keine Ahnung vom Aufsetzen einer Homepage, wusste nicht was WordPress eigentlich genau ist. Ich hatte keine Ahnung von Affiliate Marketing, keine Ahnung von Aktien, keine Ahnung vom Optionshandel.
Ich habe mich trotzdem dafür entschieden diesen Weg zu gehen. Jedes Problem stellt dich vor eine Herausforderung. Diese Herausforderungen sind der wichtigste Grundstein um mental wachsen zu können.
Deshalb hast du vollkommen recht. Ich bin fest davon überzeugt, dass jene, die die meisten Fehler machen, am Ende am erfolgreichsten sind. Jeder Fehler ist irgendwie richtungsweisend. Es sind Situationen die wir anders lösen müssen als vorher gedacht. So lassen wir den einen Weg zurück und widmen uns einen neuen hoffentlich besseren bis wir immer näher an unser Ziel gelangen.
mfG Chri
Vielen dank für Deinen Kommentar.
Es ist schön zu hören, dass auch andere zu Beginn des Blogbetreibens ahnungslos waren und sich alles im Laufe der Zeit erarbeitet haben.
Ich habe auch gemerkt wie viel ich in dieser kurzen Zeit der Umsetzung bereits gelernt habe.
Besonders im Vergleich zu der langen Zeit davor, wo ich fast nur Bücher und Blogs gelesen, aber nichts umgesetzt habe.
Schöne Grüße
Dominik
Hi Dominik,
Ich sehe das gleiche Problem in Österreich. Deswegen lebe ich auch gern nach dem Motto: „Try, fail. Try again, fail better.“ Ebenso empfehle ich den Menschen in meiner Umgebung Fehler als Fortschritt zu sehen. Denn, wer nichts versucht wird seinen eigenen Horizont nie erweitern. Es gehört dazu Fehler zu machen und seine eigenen Stärken kennen zu lernen.
Liebe Grüße
Florian
Ich glaube diese Sichtweise ist (leider) Teil der europäischen Kultur.
Dein Motto „Try, fail. Try again, fail better.“ gefällt mir sehr gut.
Ich glaube viele Menschen wollen das einfach nicht so sehen und verstehen unsere Sichtweise auch kaum.
Nur wer Fehler macht kann etwas daraus lernen, damit es am Ende nicht heißt, dass man gescheitert aber nicht gescheiter ist.
Schöne Grüße
Dominik