Es ist Anfang Dezember, als ich diesen Artikel schreibe. Die ersten 30 Tage meiner 90-tägigen Social Media Detox-Zeit sind vorbei. Ich möchte Euch auf dem Laufenden halten und einige spannende Beobachtungen und Erfahrungen mit Euch teilen.
100 % „Verzicht“ ist leicht
In den Wochen vor dem vollständigen Social Media Verzicht habe ich immer wieder versucht meine Zeit auf Social Media zu reduzieren. Das hat aber nicht wirklich gut funktioniert. Ich bin immer viel zu lange auf den Social Media Kanälen, insbesondere auf YouTube, hängengeblieben.
Aus einem kurzen Video wurden schnell einige Stunden, die ich verloren hatte.
Ich hatte wegen der vorherigen Erfahrungen daher die Befürchtung, dass der vollständige Verzicht noch schwerer wird. Dass ich vielleicht nicht die Zeit „gefüllt“ kriege und wieder anfange auf Social Media zu gehen.
Doch genau das Gegenteil war der Fall. Es ist durch den vollständigen Verzicht viel leichter geworden. Dadurch, dass ich vorher die 100 %-Entscheidung getroffen habe, musst ich danach nicht mehr innerlich mit mir kämpfen. Ich musste mir nicht immer wieder während der Nutzung der sozialen Medien die Frage stellen, ob ich jetzt aufhören sollte oder nicht.
Durch den vollständigen Verzicht musste ich mir danach nicht mehr die Frage stellen, ob ich jetzt auf Social Media gehe oder nicht. Durch die klare Entscheidung wurden mir viele weitere Entscheidungen erspart.
Das lässt sich auch gut auf den Finanz- und andere Lebensbereiche übertragen.
Wenn Du die Grundsatzentscheidung getroffen hast, dass Du keine Konsumentenkredite aufnimmst, jeden Monat automatisch Geld zur Seite legst, immer einen Notgroschen auf dem Konto behältst oder nicht in P2P-Kredite investierst, erleichtert es Dein Leben.
Es nimmt Dir weitere Entscheidungen ab, da Du eine klare Grundsatzentscheidung getroffen hast.
Habe ich wirklich etwas verpasst?
Vor dem Social Media Detox hatte ich die Befürchtung, dass ich viele Dinge verpassen würde.
Und die erschreckende Erkenntnis ist, dass das Leben auch ohne Social Media sehr gut weitergeht. Ich habe immer noch soziale Kontakte, regelmäßige Nachrichten und Gespräche mit Freunden. Meine Befürchtungen haben sich schnell in Luft aufgelöst. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich irgendetwas wichtiges verpasst hätte.
Ich habe die freie Zeit auch dazu genutzt zu reflektieren, welche Informationen ich sonst durch Social Media bekomme. In der Regel sind es oberflächliche Informationen, Bilder aus dem Urlaub und Posts von vielen Menschen, die ich nicht besonders gut kenne. Klassische Facebookfreunde eben.
Bei den Menschen, die mir wirklich wichtig sind, bekomme ich die neusten Informationen sowieso durch Gespräche und private Nachrichten.
Vielleicht habe ich auch die eine oder andere für mich wichtige Information verpasst. Gefühlt sind allerdings 99 % der Informationen für mich nicht wirklich relevant.
Wann nutzt mir Social Media?
Ich habe mir in der freien Zeit auch die Frage gestellt, welchen konkreten Vorteil ich durch die Nutzung der sozialen Medien habe. Der reine Konsum von Informationen lenkt mich nämlich stark ab und ist ein großer Nachteil. Gerade die Erkenntnis, dass ich in den 4 Wochen nicht wirklich etwas wichtiges verpasst habe, hat mich nochmal zum Nachdenken gebracht.
Ich war im November auf der Nomad Cruise und habe etliche neue Leute kennengelernt. Mit vielen will ich jetzt im Nachhinein Kontakt halten und mich weiter austauschen. Dazu ist Social Media wunderbar geeignet. Deswegen habe ich auch für zwei Tage meinen Social Media Detox unterbrochen, um ein paar Leuten zu schreiben.
Mein Ziel ist es allerdings mit Menschen, mit denen ich regelmäßig im Austausch bin, Handynummern auszutauschen und dann über WhatsApp zu kommunizieren.
Aus meiner Sicht ist der Hauptvorteil von Social Media eigene Inhalte zu verbreiten und mit gleichgesinnten Menschen erstmalig in Kontakt zu treten. Dafür ist Social Media gut geeignet.
Aus meiner Sicht birgt es allerdings auch viele Gefahren:
Bin ich süchtig?
Ich habe vor Start des Social Media Verzichts die Apps von Instagram, Facebook und dem Facebook Messenger auf meinem Handy deinstalliert. Ich hatte die Befürchtung, dass ich sonst aus der Gewohnheit heraus auf Social Media gehen würde.
Für mich war es erschreckend zu sehen, wie oft ich einfach so zum Handy gegriffen habe, weil ich kurz bei Social Media vorbeischauen wollte. Bestimmt ein dutzend Mal am Tag. Mir ist dadurch erst bewusst geworden, wie stark meine Abhängigkeit von Social Media war und zum Teil auch noch ist.
Vor allem ist es aus meiner Sicht eine sehr destruktive Gewohnheit, die mich aus dem Fokus und dem konzentrierten Arbeiten immer wieder rausbringt.
Nach einer Unterbrechung braucht das Gehirn immer etliche Minuten, um sich wieder zu konzentrieren und auf die Tätigkeit zu fokussieren. Social Media und die unbewusste Gewohnheit immer wieder zum Handy zu greifen, kann aus meiner Sicht daher mehr Schaden als Nutzen haben.
Meine zukünftige Nutzung
Ich werde mir die nächsten Wochen mal näher anschauen, wie sich der Detox für mich anfühlt und noch mehr Gedanken machen, wie ich nach dem Detox mit den sozialen Medien umgehen möchte. Dauerhaft komplett auf diese verzichten möchte ich nicht, da sie doch einige gute Vorteile bieten.
Ich werde dann nochmal schauen, wie ich meinen Konsum in gesunden Grenzen behalten kann.
Hast Du schon mal auf soziale Medien verzichtet? Wie sind Deine Erfahrungen?
Unbewusst habe ich so einen Detox auch schon gemacht. Es hat sich nichts verändert.
Bewusst bin ich vor langer Zeit auch unnützen ein Jahr aus Facebook raus um zu sehen was passiert. Fast nichts. Mit den wichtigen Menschen hatte ich trotzdem noch Kontakt. Aber ich hatte keine Benachrichtigungen mehr und wurde nicht im Netzwerk ständig abgelenkt. Seitdem bin ich dort komplett weg. Mehrere Jahre sind es schon.
Selbst Twitter nutze ich fast nicht mehr. Vielleicht später mal wieder als Kanal für eine eigene Website. Seitdem empfinde ich mein Leben als entspannter.
Und was mich immer nervte das man bei FB im Vergleich zu Foren oder Blogs manche Inhalte nachträglich nicht wiederfindet wenn man nicht den direkten Link hat, bspw. nach zwei Wochen Urlaub trotz Suchfunktion etc. Da war der Nutzen für mich dann vollends weg, denn ich wollte nicht gezwungen sein jeden Tag reinschauen zu müssen.
Cal Newport hat ein Buch zum Social Media Detox geschrieben und dazu gibt es auch ein englischsprachiges Podcast Interview.
Das Thema News-Diät von Dobelli (Essay auf seiner Website oder als neu erschienenes Buch) fällt für mich auch in den Bereich.
Das Interview mit Cal Newport kenne ich und auch das Buch von Dobelli habe ich selbst gelesen.
Viel Erfolg weiterhin. Ich bin gespannt wie es weiter geht.
Hallo Kurt,
danke Dir für Deinen Kommentar.
Leider bekomme ich sehr viel Spam jeden Tag und muss daher jeden Kommentar von einer unbekannten E-Mailasresse aus beim Ersten kommentieren freigeben. Manchmal komme ich nich jeden Tag dazu, weswegen sich das verschiebt. Dein Kommentar geht auf keinen Fall verloren.
Spannend zu sehen, dass Du ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht hast. Die Angst davor ist definitiv größer. Es passiert eigentlich nicht wirklich etwas, wenn Du längere Zeit dort nicht online bist. Vielen Dank auch für die Links und Quellen. Habe von beiden schon gehört, aber mich noch nicht intensiver mit beschäftigt.
Schöne Grüße
Dominik
Hey Dominik,
du hattest mich motiviert zwar keinen kompletten Socialmedia Detox, aber einen generellen Input Detox (Nachrichten, Twitter und co ) zu starten.
Ich finde es erstaunlich wie beruhigt man innerlich ist, wenn man nicht weiß, auf welche Ideen unsere Politiker mal wieder kommen 😀
Nach dem Nachrichten Konsum hatte ich immer ein Gefühl von Verloren sein, von dass vieles eh nichts mehr bringt, obwohl ich eigentlich nur noch die Nzz las. Das ist grade dadurch besser geworden. Auch mal Whiskeyhändler auf Abwegen zu Deabonnieren.
Auch Twitter nur noch als Research Tool zu verwenden hat mir sehr viel gebracht.
Sich dann nach Wochen in seinen Alten Youtube Kanal einzuloggen, zu bemerken, WTF wie viel „DU MUSST DIESEN SCHEIß MACHEN“ und „DER NÄCHSTE CHRASH“ dabei war. So ein Bisschen Betriebsblind ist man schon geworden.
Ich bemerke aber auch, dass es sich verschiebt. Da ich keinen kompletten Detox mache. Weg von Youtube und Twitter. Hin zu Instagram und Twitch. Die Zeit auf Youtube an sich ist viel Produktiver geworden.
Gruß,
Pascal
Hallo Pascal,
freut mich zu hören, dass ich Dich inspirieren konnte.
Ich habe auch gemerkt, dass ich zum Teil auch eher auf andere Weis emich abgelenkt habe. Ich habe zum beispiel ein paar mehr Filme bei Netflix gesehen. Bei Netflix ist für mich nur von Anfang an klar, dass es nur Unterhaltung und keine Weiterbildung ist. Das kann ich dann doch besser genießen als Videos auf YouTube.
Es ist spannend, dass das im normalen Alltag nicht wirklich auffällt und es dafür die Detox-Phase braucht. Eine Betriebsblindheit beziehungsweise Gewöhnung tritt schnell ein.
Schöne Grüße
Dominik
Irgendwie kam mein Beitrag von gestern wohl nicht an, obwohl er mir nach dem Absenden sogar angezeigt wurde mit dem Hinweis das er erst noch freigeschaltet werden muss. Wobei ankommen kann man ja technisch wie auch inhaltlich bewerten…. 🙂
Falls dies noch geschieht hier ein paar Links zu den von mir genannten Autoren:
Cal Newport – Das Interview dazu: https://affordanything.com/176-digital-minimalism-cal-newport/
Auch interessant Quit social media | Dr. Cal Newport | TEDxTysons: https://www.youtube.com/watch?v=3E7hkPZ-HTk
Das Essay von Dobelli: https://web.archive.org/web/20171122155245/https://www.dobelli.com/de/essays/news-diat-full/ bzw. https://web.archive.org/web/20171107015303/http://www.dobelli.com/wp-content/uploads/2011/06/Dobelli_Vergessen_Sie_die_News.pdf
Das benannte Buch: https://www.dobelli.com/de/bucher/die-kunst-des-digitalen-lebens/
Moin Dominik,
Social Media Detox oft gehört, noch nicht wirklich selber bewusst angewandt. Daher danke für den Artikel.
Was du schreibst erinnert mich ab und zu an mich selber. Letzten hatte ich mein Handy wegen einer Reparatur eine Stunde weggeben.
Es war erschreckend für mich zu sehen, wie oft ich in dieser Stunde mein Handy zum Vorschein holen wollte und erschrocken feststellte, das es weg war.
Oft war es auch wirklich, um nur mal nach Social Media zu schauen. Wirklich erschreckend.
Seid dem versuche ich meinen Konsum bewusst zu zügeln. Ich hatte mal einen Artikel gelesen (ich meine bei myMonk), dort wurde geschrieben, dass du dir jedesmal wenn du das Handy in die Hand nehmen möchtest diese Frage stellen sollst:
„Möchte ich jetzt das Handy benutzen oder benutzt das Handy gerade mich?“
Klingt ein wenig absurd. Aber es hilft. Bei mir hat sich der Handykonsum (somit auch Social Media, da ich diese nur übers Handy nutze) deutlich verringert.
Viele Grüße
Björn
Hallo Björn,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Es ist wirklich erschreckend, wie sehr das Handy und Social Media unsere Gesellschaft im Griff hat.
Die meisten würden es vermutlich verneinen, weil sie selbst die Abhängigkeit nicht sehen. Es fällt erst wirklich auf, wenn dann mal das Handy für kurze Zeit weg ist und Du es nicht nutzen kannst.
Der Satz von mymonk ist wirklich gut zum Anheben des Bewusstseins. Ich glaube, dass das Handy meistens uns nutzt.
Schöne Grüße
Dominik
Hallo Dominik,
ein interessantes Thema mit dem Du dich hier befasst. Dass mit dem „bestimmt ein Dutzend Mal am Tag“ nur kurz reinsehen-Problem habe ich auch. Beim IPhone gibt es die Möglichkeit die Nutzungsdauer von Apps zu limitieren. Beispielsweise habe ich bei Instagramm eingestellt, dass ich es nur 15 Min am Tag nutzen darf. Vielleicht hilft Dir das auch? Zum Thema: „100%-Verzeicht ist leicht“: Das kann ich bestätigen. Ein großes Laster von mir ist Schokolade. Wenn ich jeden Tag welche esse, möchte ich am nächsten Tag wieder welche. Ob ich dabei viel oder wenig esse spielt keine Rolle. Wenn ich jedoch einige Tage vollständig verzichtet habe, fällt es mir leicht sie komplett wegzulassen. Ich hoffe du weißt was ich meine 😉
Viele Grüße und Erfolg mit deinem Blog!
Janina
Hallo Janina,
ja das habe ich auch schon gesehen die Funktion. Bisher allerdings nicht so viel genutzt. Ich ignoriere das dann einfach zu schnell und denke mir:
Nur noch ganz kurz schauen. Und Zack. Eine weitere Stunde herum.
Ich weiß ganz genau, was Du meinst mit der Schokolade. Aufgemacht und weg. Ich kenne das besonders bei Chips. Keiner kann mir erklären, dass Du eine Tüte Chips nur halb isst.
Grüße
Dominik
Hey Dominik,
deinen Blog kannste ich schon etwas länger, doch bislang habe ich mich hier noch nie umgesehen. Das habe ich nun nachgeholt. Mit diesem Beitrag hier habe ich angefangen, weil mich der Titel schon angesprochen hat.
Du triffst quasi den Nagel auf den Kopf. Wir haben mittlerweile ein echtes Problem mit der Social Media Sucht. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage, dass wir eine absolute Smartphone Sucht haben. Da möchte ich mich keinesfalls ausschließen (auch wenn ich diesen Kommentar hier auf dem Lappi schreibe ;)).
Überall sieht man die Menschen mit dem Gesicht auf dem Bildschirm. Bei mir in der Firma sitzen manchmal 30 Leute im Essensraum und keiner redet. Keiner! Alle haben das Gesicht auf der Funke.
Ich habe weniger das Social Media Problem, sondern ein Gamingproblem. Diese kleinen Apps, wo man mal eben schnell etwas abfarmen kann. Dauert eine Minute und geht zig mal am Tag. Das bedeutet, man startet unzählige Male die App, nur um etwas zu ernten und in dem „wichtigen“ Spiel voran zu kommen.
Natürlich ist das jetzt etwas übertrieben ausgedrückt. Ich hänge jetzt nicht nur wie ein Zombie die ganze Zeit an der Funke, doch ich ertappe mich manchmal schon bei Rewe an der Kasse, dass ich die App öffne, wenn ich kurz warte…
Das nervt natürlich extrem und sollte nun angegangen werden. Danke für deinen Input zu diesem Thema.
LG Boris
Hallo Boris,
danke für Deinen Kommentar.
Sehe mich darin auch wieder mit der Smartphone-Sucht. Versuche mich auch zurückzuhalten, bin aber insgesamt auch zu viel online und am Handy.
Es ist teilweise schon erschreckend.
Aber wie heißt es so schön:
Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.
Schöne Grüße
Dominik